Thomas Gross - Bericht vom Ballmaster Open in Helsinki

Liebe BowlingkollegInnen!

Traditionell beginnt das neue ETBF-Turnierjahr mit dem Ballmaster Open in Finnland. Mittlerweile ist das Turnier in die Superseries eingegliedert und hat auch den Modus angenommen, wobei ich ihn euch nochmals kurz erklären will: Qualifikation: 6 Spiele, Re-entry, die Top 42 sind fix qualifiziert + die höchsten 6 Resultate aus dem Desperadosquad (1 Spiel).

In der Reihenfolge der Qualifikation bekommt jeder Spieler eine Nummer, welche er das ganze restliche Turnier über behält (also der erste nach der Quali hat die Nummer 1 etc.). Danach werden Best of Five-matches gespielt, wobei jeweils 8 Paarungen pro Runde gespielt werden, beginnend mit den Nummern 48-33, 47-34, 46-35 etc. Die Sieger treffen auf die nächsten 8 gemäß Qualifikation (also gegen die Nummern 25 – 32), wobei die höchstverbleibende Nummer gegen die niedrigste Nummer spielt etc.

Die Talihalle ist sicher vielen österreichischen Spielern von Welt- und Europameisterschaften, Turnieren bzw. Betriebs- oder Senioreneuropameisterschaften etc. bekannt, also erspare ich mir eine Beschreibung der Halle.

Der Cut lag schlussendlich bei 1349, im Desperadosquad benötigte man 256 für die Top 6 – die Ergebnisse waren also außergewöhnlich, obwohl die Bahnen durchaus auch ihre Tücken hatten – aber die Qualität der dort antretenden Spieler ist eben auch außergewöhnlich.

Die Qualifikationsdurchgänge: Mein erster Qualisquad war sehr gut, 1324 mit jeweils einem hohen Spiel am Anfang und am Schluss und dazwischen alles rund um 200. Ich spielte die Apex Obsession rund 10 auf 7 bzw. in weiterer Folge die Savage Flip, dafür wesentlich tiefer. Es war jedoch da schon klar: das wird nicht reichen.

2. Squad: 684 auf die ersten 3, auf einmal war die Linie wie weggezaubert. Ich habe mehrmals herumkorrigiert, aber nichts hat wirklich funktioniert – am Schluss habe ich die Vortex 2 mit deutlich mehr Tempo rund um den 2. Pfeil gespielt (so 12/9 oder 12/10) – also war der Plan für den nächsten Squad, es überhaupt einmal außen mit mehr Tempo zu versuchen (Luoto, Lehtonen etc. spielen alle hohes Tempo und relativ straight).

3. Squad: 731 nach 3, eine Mörderlinie, 4. Spiel: carry nicht mehr vorhanden, Ball rutscht quasi in die Gasse, keine Chance mehr auf irgendwas, habe dann alles mögliche außen probiert, aber dort ging nichts mehr – eigentlich blieb mir eine einzige Hoffnung – ich habe für den Anfang immer eine gute Linie, meine Eröffnungspartien bis dato waren 266 234 und 259 – wenn ich früher die Außenlinie verlasse und dann nach innen nachkorrigiere, könnte es was werden (Achim Grabowski war auch da und hatte den gleichen Gedankengang, das hat mich natürlich auch gleich wieder positiv gestimmt) – also war der Plan sobald ich bei einem Wurf merke, dass das carry nicht mehr da ist, wechsle ich von 5/3 auf 20/15 oder so – und ich meinte wirklich: ein Wurf.

4. Squad: Helmut zieht die Bahn (Aberglaube muss sein): 2 (optimal, da die Bahnen nach oben hin trockener werden, ich aber nicht mehr auf niedrige Bahnen zurückwechseln muss). Die Bahnen 1-4 sind auch etwas schneller als die anderen – bis daher war ich also mit den Voraussetzungen für den Squad sehr zufrieden. Beim Einspielen habe ich mehrere Linien probiert, unter anderem auch mit der Vortex  2/2 bzw. 3/3, also sehr weit außen die Kante entlang. Trotz allem habe ich mich für die Obsession entschieden, allerdings etwas weiter innen 7/5. Nach Spare Spare Strike und nochmals Spare habe ich dann auf der 1er Bahn den Vortex ganz außen versucht – im 1. Spiel muss ein hohes Resultat gelingen, sonst schaut΄s vor allem psychologisch sehr schlecht aus. Mit der Maximum-Risikovariante (2 verschiedene Bälle, 2 verschiedene Linien und unterschiedliches Tempo) gelangen mir dann noch 259 – Helmut habe ich aber das Erstaunen über Ball und Linienwahl angesehen. Im 2. Spiel habe ich dann bereits die mir von außen bekannten carry-Probleme bekommen und gleich nach dem 3.Frame nach innen korrigiert und den Ball gewechselt – diese beiden Entscheidungen (1 und 2. Spiel) waren sicherlich der Schlüssel zum Erfolg in dieser Serie – ab dann ging es quasi wie von selbst – 1413 war das Endresultat, was schlussendlich für den 9. Platz nach der Qualifikation gut war.

Der Finaltag: Ich habe erstmals um 10 h am Finaltag in Runde 4 eingegriffen, habe dort gegen eine finnische Dame gespielt (ich kannte sie nicht, aber sie hat sehr gutes Bowling gespielt und u.a. Öhman rausgworfen) und einen meiner besten 3er Züge gespielt. 770 insgesamt, 2 Spiele ganz von außen mit der Vortex 2 – 278 und 258, dann 1. Frame in der 3. Partie 2/8/10 und sofort nach innen gewechselt (habe natürlich jeweils am 11. und 12. Frame der ersten beiden Partien diese Linie bereits ausprobiert, ich wusste also, wo ich mich hinstellen musste) – obwohl sie im 5. Frame bereits rund 40 voran war, habe ich durch eine weitere Strikeserie noch abgefangen.

Schlussendlich ein souveräner 3:0 Sieg – nächster Gegner die finnische Legende Jouko Koussari – ein Denkmal in der Talihalle, war auch bereits Ballmaster Open-Champion.

Die erste Partie war für uns beide ein Rätsel, die Bahn ganz anders, aber für mich mehr Rätsel als für ihn – ich habe mehrere Linien probiert, schlussendlich dann mit der Apex so 7/8 auf 5 gespielt – das 2. Spiel haben wir beide mit einem 5-ling eröffnet, ihm ist dann die Luft ausgegangen, gegen Ende des Spiels habe ich dann auf der selben Linie die Savage Flip probiert (ich habe ein 5-Spiel Match befürchtet und wollte mir nicht die Linie mit der Apex abspielen – die Savage saugt wesentlich weniger Öl auf) und habe auch auf diesen Ball gewechselt. In der 3. Partie hatte ich ihn eigentlich bis zum 6. Frame sicher im Griff, ich 2 Zwillinge, er nichts, dann bleibe ich beim Spare am Zehner hängen, mache da auch einen Sparfehler, er kontert mit Drilling und gewinnt die Partie nach einem weiteren Verweigerer meinerseits im 9. Frame. 4. Spiel habe ich sehr gut gespielt (277), er trotz Strikeserien keine Chance gehabt. 5. Spiel geht lange Zeit hin und her, die Bahnen verzeihen jetzt schon eher wenige Fehler, mir gelingt bis ins 9. Frame keine Doppel, er hat eines gehabt und ist um 9 Pins voran. Er kann am 10. Frame keinen Strike werfen – ich musste also ausstriken und zumindest 9 nachwerfen. Mittlerweile waren wir die einzigen, die noch gespielt haben – es waren viele Zuschauer in der Halle, die Spannung war nicht mehr zu überbieten. Der erste Ball war fast etwas zu direkt, etwas schneller gespielt, aber auch etwas geloftet und am „Rüttler“ fällt der Strike. Der 2. Ball etwas zu weit nach außen verlegt – eigentlich eine typische weak-10, aber der Herrgott hat runtergeschaut, der 6er hat sich aus der Rinne noch einmal bemerkbar gemacht und den 10er umgeschmissen.

Nun nur noch 9, dann bist eine Runde weiter und unter den Top 8 – das sind (leider) die Gedankengänge, die mir im Kopf herumgegangen sind, der Wurf war schlecht, viel zu weit innen, schlechter Release, voll am Kopf – 6/10 bleibt stehen – Roll Off. Ich muss vorspielen – wieder kein genialer Ball (diese Art von Spannung  ist schon fast lebensbedrohlich), hoher Eingang und der 4er bleibt stehen (nebenbei völlig verdient, aber wer hofft nicht in so einer Situation?). Jouko spielt auf der anderen Bahn (komisches System, aber auch wurscht) – er kam auch hoch, aber zugegeben nicht so hoch und der 4er ist gerade noch umgefallen. Was soll ich euch sagen? Mich ärgern über diese Leistung – nein, fällt mir gar nicht ein. Enttäuscht sein? Ja, schon, weil ich es mehrfach in dieser Serie selber in der Hand hatte, aber es anscheinend nicht sein sollte. Andererseits waren es 6 Punkte in der „Höhle des Löwen“ für die Weltrangliste, es war eine wirklich auch für mich sehr zufriedenstellende Performance und in diesem Klassefeld muss einfach immer irgendwer ausscheiden.

Ich erspare euch die Namen der Topspieler, welche vor Ort waren – es würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen – trotz allem kann ich allen Interessierten nur empfehlen, sich die Resultatsliste anzusehen, es sind viele Prominente Spieler frühzeitig ausgeschieden oder haben sich gar nicht qualifiziert – und die Matchplay-Resultate waren ebenfalls sehr sehr beeindruckend. Ich hoffe, dass Helmut, der dies alles hautnah erlebt hat, auch seine Eindrücke kurz schildern wird, denn als Spieler bekommt man natürlich vieles entweder gar nicht oder eben subjektiv anders mit.

Ich habe mir für dieses Jahr bezüglich der Europarangliste sehr viel vorgenommen und der Start ist mehr als geglückt. Ende Jänner spiele ich die beiden Ranglistenturniere in Lomme und Schietspoel und werde euch wieder berichten.  


Pasi Uotila, Sieger des Ballmaster Open 2004 
Fotos © finn. Bowlingverband sowie Oy Bowling AB 

Mit sportlichen Grüßen
Thomas